Wohnprojekt Maro Temm

Wohnen mit Kultur

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„Maro Temm“ ist Romanes und bedeutet „Unser Land / unser Platz“. Am Anfang gab es nur dieses Wort und den Wunsch des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma e.V. in Kiel nach einer Wohn- und Lebensperspektive für die Angehörigen der nationalen Minderheit, die deren Bedürfnisse und kulturelle Besonderheiten berücksichtigt. Nach sieben zum Teil sehr schwierigen und aufreibenden Jahren, in denen interne und externe Schwierigkeiten und Probleme verantwortlich gelöst werden mussten, gibt es diese Siedlung nunmehr seit 2007. Wohnpolitisch und minderheitenpolitisch ist dieses Projekt national und international ohne Beispiel und findet entsprechende Beachtung. Es gibt zur Zeit keine vergleichbare Initiative, in der Sinti und Roma und Nicht-Sinti mit gemeinsamer Zielsetzung und in gemeinsamer Verantwortung handeln.

Zur Verwirklichung dieses Modellvorhabens, dem eine Machbarkeitsstudie vorgeschaltet war, ist von der Landeshauptstadt Kiel eine etwa 10.000 m2 große Fläche im Industriegebiet am Rande des Kieler Stadtteils Gaarden auf 75 Jahre im Wege des Erbbaurechts gepachtet worden. Eine Niedrigenergiehaus-Reihenhaussiedlung mit 13 unterschiedlich großen  Wohneinheiten auf etwa 1200 m2 Gesamtwohnfläche, einschließlich Gemeinschaftsflächen, ist dort im Laufe des Jahres 2007 erstellt worden. Das Finanzvolumen umfasste ca. 1,9 Mio Euro. Maro Temm wurde geplant und realisiert vom Hamburger Architektenbüro Joachim Reinig. Ein Beirat aus Experten begleiteten das Vorhaben, das unter anderem finanziell vom Land Schleswig-Holstein, der Stiftung zu Gunsten des Roma-Volkes (Stifter Günter und Ute Grass), der Stadt Kiel und von vielen Einzelpersonen unterstützt wurde.

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Mit diesem bundesweit einzigartigen Vorhaben wird ein neues Kapitel für die nationale Minderheit  aufgeschlagen. Es ist ein Ort entstanden, an dem Sinti und Roma generationenübergreifend miteinander leben und sich gegenseitig unterstützen können und an dem sie ihre kulturellen Besonderheiten und ihre Sprache Romanes bewahren und weiter entwickeln können. Vor dem Hintergrund dieser Sicherheit sollen insbesondere die heutigen und späteren Kinder ermutigt und befähigt werden, sich langfristig in beiden Kulturen zurecht zu finden, also „zweiströmig“ aufzuwachsen und zu leben. Schulbildung, Ausbildung und Arbeit ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe. Als dadurch gefestigte Minderheitenangehörige werden sie im Idealfall später im wörtlichen und im übertragenen Sinne zur Existenzsicherung ihrer Minderheit und zu einem respektierten Ansehen in der Mehrheitsbevölkerung beitragen können, ohne zuviel von ihrer  Identität als Sinto oder Sintezza, als Rom oder Roma aufgeben zu müssen.

Nach dem Bezug der Siedlung und einer Eingewöhnungszeit wurde der Kontakt zwischen Stadtteil und Wohnquartier aufgebaut und vertrauensvoll vertieft. Es ist gelungen eine Begegnungskultur zwischen Mehrheit und Minderheit zu entwickeln und somit gezielt die Bildungsferne für die nachfolgenden Generationen zu verkürzen.

Die Dokumentation

Anlässlich der Aufnahme der Sinti als Minderheit in die Verfassung Schleswig-Holsteins und dem 5 Jahresjubiläum der Fertigstellung ist ein Film über das Projekt produziert worden, der hier zu sehen ist

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Eine Studie zum Wohnprojekt (PDF-Dokument, 9,14 MB):
P3-Studienprojekt der HafenCity Universität Hamburg / Maro Temm – ein Wohnprojekt mit Sinti in Kiel